31.07.2013

"Tageszeitung war gestern"

Die bittere Wahrheit für den Tageszeitungen-Journalisten lautet: "Tageszeitung war gestern", denn aktueller können sie nun mal nicht, seit sich Abendausgaben nicht mehr lohnen. Das war für die Branche nicht schlimm, aber heute gibt es die Online-Konkurrenz.

Die bittere Wahrheit für den Wochenzeitungs-Journalisten lautet: "Je tiefer die Analysen, desto vernetzter möchten sie sein. Auch das funxt besser online."

Das Einzige, was den Verlagen für den Online-Trend fehlt, ist der Mut zum praktischen MicroPayment.

UND die Frage lautet: Werden sich die deutschen Verlage auf einen gemeinsamen Standard einigen ODER werden sie auch dieses Geschäft wieder US-Unternehmen überlassen?

Springer-Verlag verhökert seine Zombies

Der Springer-Verlag will BILD, WELT behalten, sich stärker auf das Internet ausrichten, Berliner Morgenpost, Hamburger Abendblatt, Hörzu und andere Blätter an die Funke-Mediengruppe verkaufen. - Die Meldung ist schon ein paar Tage alt, aber noch einiges zum Hintergrund:

"Die Berliner Morgenpost hat in den vergangenen Jahren stark an Auflage verloren. Die verkaufte Auflage ist seit 1998 um 34,6 Prozent gesunken."
"Das Hamburger Abendblatt hat ebenso wie viele deutschen Tageszeitungen in den vergangenen Jahren stark an Auflage verloren. Die verkaufte Auflage ist seit 1998 um 36,3 Prozent gesunken."
Quelle Wikipedia unter Berufung auf http://www.IVW.eu - Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V.

Bei Hörzu usw. dürfte die Auflagenentwicklung ähnlich negativ sein, aber hätte über solch langen Zeitraum betrachtet durchaus noch schlechter sein können, wenn das Zielgruppen-Publikum jünger wäre, was sich auch am Kurvenverlauf zeigt, denn der Rückgang beschleunigt sich von Jahr zu Jahr. Und ohne Entsprechung steigender Klickzahlen im Internet, wie sie dort der BILD beschieden sind.

Interessant wäre nun zu erfahren, welche personellen Konsequenzen der Verkauf hat. Journalistenverbände und DGB befürchten erheblichen Stellenabbau, für den die übernehmende Funke-Mediengruppe bekannt ist, aber den hätte es sicherlich auch beim Springer-Verlag gegeben, der es - betriebswirtschaftlich betrachtet - nun auf einen Schlag (per Verkauf) zu erledigen versucht. 

"920 Mio. €" soll das Geschäft die Funke-Mediengruppe kosten. Falls der Preis überhaupt bezahlt wird, wäre es ein "Restwert", den auch eine weiterhin sinkende Auflage durchaus noch erwirtschaften kann. Gleichwohl schaut die Funke-Mediengruppe nach den Erfahrungen im Ruhrgebiet inzwischen eher nach einem Bestattungsunternehmen aus, während der Springer-Verlag die Umstrukturierung fortsetzt, die mit Redaktionszusammenlegungen (z.B. HamburgerAbendblatt u. WELT) längst stattfand und auch allen anderen Großverlagen bevorsteht: Schlussendlich eine modulare Redaktion, die Headlines und Artikel zielgruppen-angepasst auf die verbleibenden und neuen Medien verteilt. 

Was wird aus "Die Welt"? Diese Tageszeitung war schon immer kaum mehr als ein Prestige-Objekt des mit "Bullewahr"-Journalismus reich gewordenen Springer-Verlags, aber konnte aus Gründen seiner Ausrichtung auf den ideologischen Stillstand journalistisch nichts bieten, wie sich in vierzig Jahren Roter Zahlen zeigte und bloß "Google-Sei-Dank" mit reichlichem Einkauf von DPA-Meldungen im Internet gegenwärtiger ist, weshalb entgegen allem juristischem Gemetzel mit Google der Verlag jüngst beschloss, doch lieber weiterhin in den Google-News gelistet zu werden. 

SPIEGEL.de zitiert die Springer-Witwe: "Die 'Bild'- und die 'Welt'-Gruppe bauen wir weiter aus, wir stärken sie - im Bereich von Print und Online."
Das ist purer Tinnef, zumindest in Bezug auf die WELT, denn deren Offline-Zielpublikum stirbt aus - und desgleichen auf Dauer die BILD, wenngleich sie der letzte Dino der Tageszeitungsgeschichte sein dürfte. Einzig die Wochenblätter, so auch die Welt-am-Sonntag, sind dem Online-Trend noch eine Weile gewachsen.

Manning wurde "schuldig" gesprochen + Medienkritik

Gestern kam es zum Schuldspruch gegen Manning wegen Spionage usw., nur der Anklagepunkt "Feindunterstützung" wurde fallengelassen. Das erspart ihm zwar eine Strafbarkeit mit Todesstrafe, aber die übrigen Schuldsprüche ermöglichen eine Freiheitsstrafe von mehr als 130 Jahren. Man darf gespannt sein, wie weit das Gericht den Strafrahmen ausschöpft. Im August soll dem Schuldurteil das Strafurteil folgen.

Was hat Manning "verbrochen"?

Er lieferte an Wikileaks ca. 700.000 Geheimdokumente, von denen viele die schmutzigen Seiten der US-Kriegsführung dokumentieren, am bekanntesten das Video einer Kampfhubschrauberbesatzung, die im Irak genüsslich auf eine Menschenansammlung feuerten und dabei u.a. zwei REUTERS-Mitarbeiter töteten.
Das ging die Weltöffentlichkeit an, wie jedes Kriegsverbrechen die Öffentlichkeit angehen muss, um darüber befinden zu können, sofern uns Demokratie von Bedeutung ist, für die diese Kriege angeblich geführt werden.
Folgerichtig bedienten sich alle mir bekannten Leitmedien aus dieser Quelle, aber offenbar nicht mit demokratischer Motivation, wenn der Schuldspruch gegen die Nachrichtenquelle als obligatorisch und weitgehend kritiklos hingenommen wird. Dann nämlich hätten sich selbige Medien dieser Nachrichtenquelle NICHT bedienen dürfen.

"Wir berichten bloß! Wir bewerten nicht!", so lautet die Ausrede der Medienverantwortlichen, aber so verlogen schon solche Unterscheidung ist, als sei die Auswahl keine Bewertung, so verlogen, dass nicht auch darüber hinaus reichlich "bewertet" wird, was ja nur aufrichtig wäre, aber auf Basis der Lüge nicht aufrichtig wird.
Ein Beispiel dafür lieferte Klaus Kastan im ARD-Hörfunkstudio Washington vom 16.12.11, getitelt mit "Bradley Manning: Held oder Saboteur?" - Für die Antwort auf diese Frage kolportiert Kastan dann ausgiebig das Bild eines schwächlichen und erfolglosen Mannes, der womöglich nur deshalb zum Verräter geworden sei. Das mag den Psychologen interessieren, das mag generell wichtig sein, um die Motivation politischen Handelns nicht bloß aus deren Verlautbarungen zu verstehen, sondern tiefer zu beleuchten, aber für die Frage, ob ein Handeln richtig oder falsch, ob Heldentat oder niederträchtiger Sabotageakt ist, bringt die Untersuchung der Windeln rein gar nichts.

@Herr Klaus Kastan, der Öffentlichkeit den Zeugen Manning als Helden unglaubwürdig machen, ist Ihnen mit solcher Schaustellung doch glatt gelungen. Gratulation, aber es war eine Schande für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wechseln sie zu FOX, RTL oder anderswo hin, aber in einer demokratischen Medieninstitution haben sie nichts zu suchen. Und schlussendlich eine ganz einfache Frage an Sie bzw. Ihre Unterwäsche: Hätten Sie an Stelle von Manning die Kriegsverbrechen veröffentlicht oder nicht?

26.07.2013

Pofalla kam, sprach und suchte das Weite

Sein heutiger Presse-Auftritt war eine Frechheit, vorbei an den Fragen, wieso die Regierung nichts von Prism gewusst haben will, wozu der BND dann überhaupt da ist, wenn der "Geheimdienstkoordinator" Ronald Pofalla davon nichts weiß oder die Regierung nicht informierte. Stattdessen hohles Geschwafel, dass sich die deutschen Geheimdienste an Gesetze halte und "lediglich zwei Datenübermittlungen" an US-Dienste vollbrachten, worüber er angeblich "ungern" sprach, weil es dabei um den Entführungsfall eines Deutsch gehe, wovon auch die anderen Parteien Kenntnis hätten - und die Amis schicken jetzt die Drohnen los? Wie rührend - und dann dreht er sich um, entschwindet, niemand kann Fragen stellen, aber Deppendorf, stets mehr Hofberichterstatter als öffentlich-rechtlicher Korrespondent, lobhudelt: "Kanzleramtsminister Pofalla ging heute durchaus überzeugend in die Offensive ..." - Hallo?

22.07.2013

EU-Außenminister: Hisbollah-Miliz ist Terrororganisation

Der militärische Arm der libanesischen Hisbollah ("Partei Gottes") stehe jetzt auf der EU-Liste der Terrororganisationen, meldet Tagesschau.de unter Berufung auf das niederländische Außenministerium. Bislang war dieser überfällige Schritt gegen die paramilitärische Organisation unterblieben, weil die Hisbollah im Libanon erheblichen Rückhalt in der Bevölkerung hat und die innenpolitische Situation destabilisiert werden könnte, während sich jetzt die Einsicht durchsetzte, dass gerade solche Partei-Milizen das staatliche Gewaltmonopol aushebeln und Mittel des Kalten Bürgerkriegs sind. Zudem führte die Hisbollah mit ihren paramilitärischen Kräften Krieg gegen Israel und kämpft zur Zeit in Syrien auf Seiten des Assad-Regimes gegen die Aufständischen. Die Hisbollah steht im Verdacht zahlreicher Terrorakte, die sie einerseits glorifiziert, andererseits die eigene Urheberschaft bestreitet. - Die Klassifizierung der Miliz als Terrororganisation dürfte auch die politische Aktivität der Hisbollah innerhalb der EU einschränken, wird jedoch nichts daran ändern, dass sich die EU auch mit solchen Organisationen diplomatisch auseinanderzusetzen hat, was offenkundig vernachlässigt wird.

19.07.2013

PRISM, Merkel, Steinbrück - Was tun?

Peer Steinbrück: "Ein Auftritt von erschreckender Ahnungs- und Hilflosigkeit."
@Herr Steinbrück, Sie haben recht, dass Merkels Pressekonferenz nicht einen einzigen erfolgversprechenden Ansatz aufzeigte, aber die Ahnungs- und Hilflosigkeit scheint Merkel nicht zu schaden. In der Wüste ist sie auch noch nicht. Und mit 25 Prozent bei vielleicht 70 Prozent Wahlbeteiligung lehrt niemand den NSA oder Geheimdienste sonstiger Staaten das Fürchten oder schaltet gar das Internet ab, das nun mal aus Gründen europäischer Ideenlosigkeit seine Schleifen vor allem in den USA hat.

Was also tun? 

1. Asyl für den ZEUGEN Snowden, denn der leistete uns an Information mehr als alle deutschen Geheimdienste, "Kontrollorgane", Parteien und Medien gemeinsam.

2. Ein supranationales Abkommen fordern, dass die Geheimdienste auf Spionageabwehr begrenzt und durch die Vereinten Nationen kontrolliert, denn "Politik machen" sollen gewählte Vertreter und die "nationale Sicherheit" ist Aufgabe der Polizei.

3. Die Aufklärung und Bekämpfung des internationalen Terrorismus sollte Aufgabe der Vereinten Nationen sein, denn sonst geht der Missbrauch zwischen den konkurrierenden Staaten (auch "unter Freunden") weiter.

18.07.2013

Zu Nelson Mandelas 95.Geburtstag

Heute wird dieser großartige Mann allseits gefeiert, aber viele hätten sich zunächst einmal zu entschuldigen, denn 27 Jahre saß Mandela aus rassistisch-politischen Gründen in Haft eines Staates, zu dem CSU und CDU erst auf Distanz gingen, als das Apartheid-Regime nicht mehr zu halten war. Und das waren keine "Jugendsünden" unserer Politiker.

Kuba leistet sich peinliche Waffenexporte

Gegen Staaten wie Kuba geht der Kalte Krieg weiter - und die westliche Welt würde sich weit lieber wieder mit einer Mafia-Insel arrangieren, denn so war es vor Castros Machtübernahme und störte "geopolitisch" nicht. Aber dass Kuba Kriegsgerät nach Nordkorea verschifft, ob als Verkauf oder "zwecks Reparatur", dürfte in Anbetracht der nordkoreanischen Politik und des gegen Nordkorea verhängten Waffenembargos vermutlich auch Revolutionsromantiker wenig beglücken und eher ein Völkerrechtsbruch sein. Kuba macht es sich in der Welt mit solchen Aktionen nicht leichter.

Trotzdem wird dem Westen daraus kein Ruhmesblatt, denn wer Saudi-Arabien und andere Henkerstaaten mit Waffen beliefert, ...

Die Weichmacher

Dieter Nuhr via Facebook: "Jetzt kommt die Wahrheit ans Licht. Die Geheimdienste arbeiten im Geheimen! Wie überraschend..."
5.512 Personen gefällt dieser Spruch, 425-fach auf andere Seien übernommen, 307 Jubelkommentare. Das ist unfair, denn Deppendorf bekam für ähnliche Kundgabe eher Schelte. - Alles Nuhr Lappalie.

@Herr Nuhr, an Überraschung ist nicht, dass Geheimdienste im Geheimen arbeiten, sondern dass sie vermutlich mit Wissen der gewählten Kontrollinstanzen gegen BVerfG-Entscheidungen verstoßen.

Niemand kann auf allen Hochzeiten tanzen, aber es ist keine sinnvolle Alternative, sich über die Empörung lustig zu machen, es sei denn, dass einzig das Taschengeld aus solchem Marktsegment zählt, was mitunter ebenfalls kaum überraschend wäre, sondern ... - ergänze jeder nach Belieben.

Was kostet die Bergung der "Costa Concordia"?

Angeblich soll die Bergung der direkt vor dem Hafen zu mindestens 60 Prozent aus dem Wasser ragenden Kreuzfahrtschiff-Ruine "500 Mio. EURO" kosten, berichtet Tagesschau.de - ohne zu zucken.
Es werde befürchtet, dass das rostende Wrack unter dem eigenen Gewicht auseinander brechen könne, als hätte man nicht längst die Hälfte der Aufbauten runterholen können.

Blog-Archiv

Labels

AfD (10) Afghanistan (22) Afrika (49) Amerika (18) Antidiskriminierung (7) Antifaschismus (76) Antiislamismus (16) Antikommunismus (1) Antisemitismus (11) Arabische Staaten (52) Arbeit (10) Armut (14) Asien (47) Asyl (10) Atheismus (3) Atomenergie (138) Atomwaffen (88) Australien (1) Berlin (30) Bildungspolitik (5) Bürgerbeteiligung (8) Bürgerkrieg (29) CDU/CSU (69) China (32) Datenschutz (33) Demokratie (66) Demonstration (30) Deutschland (282) DGB (7) Diplomatie (34) Ehrungen (19) Energiepolitik (113) Entwicklungshilfe (1) Ethik (30) Europa (162) Extremismus (8) Familienpolitik (6) FDP (30) Finanzpolitik (16) Finnland (1) Flüchtlinge (2) Frankreich (21) Frauenrechte (26) Freiheit (6) Freizeit (5) Friedensbewegung (7) Friedensforschung (137) Friedenspreis (10) Gastkommentar (2) Geheimdienste (55) Geschichte (15) Gesundheit (14) Gewalt (1) Gleichberechtigung (7) Griechenland (1) Großbritannien (15) GRÜNE (14) Holocaust (1) Homosexualität (10) Humanismus (4) Immobilien (6) Indien (11) inidia-news (4) Integrationspolitik (1) Internet (12) IPPNW (2) Irak (20) Iran (43) Islam (16) Israel (29) Italien (8) Japan (51) Journalismus (22) Jugend (3) Justiz (41) Kapital (33) Katastrophen (23) Kinder (4) Klimaschutz (1) Konkurs (3) Korruption (61) Krieg (47) Kriegsverbrechen (1) Kriminalität (21) Kulturwoche (19) Kurdenkonflikt (9) Landwirtschaft (4) Lifestyle (1) Linksextremismus (3) Markus Rabanus (1) martin (18) Medienkritik (88) Meere (5) Menschenrechte (45) Militär (8) Militärputsch (1) msr (967) Multikulturelles (11) Nahost (28) Nationalismus (22) NATO (25) Nordkorea (12) Österreich (1) Pakistan (11) Parteien (43) Pazifismus (6) Piratenpartei (2) Politik (65) Politiker (12) Polizei (2) Portugal (2) Pressefreiheit (7) Pressemitteilungen (24) Prioritäten (1) Rechtsextremismus (57) Regierung (6) Religion (30) Russland (88) Rüstung (25) Sachzwangpolitik (2) Schuldfragen (1) Schule (2) Schweden (1) Schweiz (4) Senioren (2) Separatismus (6) Sexualität (4) Shoa (1) Sicherheitspolitik (3) Soziales (25) Spanien (7) SPD (26) Sport (21) Staatsverschuldung (63) Steuern (5) Syrien (21) Technik (2) Terrorismus (53) Tierschutz (1) Todesstrafe (9) Türkei (29) Ukraine (3) Umweltpolitik (51) Umweltpreis (1) Urheberrecht (2) USA (129) Verantwortung (1) Verbraucherschutz (24) Vereinte Nationen (33) Verkehrspolitik (36) Völkerrecht (9) Wahlen (18) Webfilm (4) Welthandel (2) Welthilfe (20) Weltraum (3) Weltrepublik (16) Wertedebatte (14) Whistleblower (2) wikinews (7) Wirtschaft (73) Wissenschaft (13) Zweiter Weltkrieg (2)