11.03.2011

Dalai Lama kündigt politischen Rücktritt an

Der im Exil lebende Dalai Lama will nach 60 Jahren Amtszeit die politische Führung an ein gewähltes Oberhaupt abgeben. Die chinesische Führung reagierte mit Spott und Hetze. So titelt http://german.china.org.cn mit "Dalai Lama ein Wolf in Mönchskutte" und möchte den eigenen Imperialismus vergessen machen, der den Dalai Lama mit der Einverleibung Tibets im Jahr 1950 ins Exil zwang.
Peking ist anzuraten, entweder angemessen respektvoll mit tibetanischen Angelegenheiten umzugehen oder sich der Kommentierung zu enthalten.

Erdbeben und Tsunami verwüstet Japans Nordostküste

An Japans Nordostküste ereignete sich um 14 Uhr Tokioer Zeit ein Erdbeben der Stärke 8,8. Große Wassermassen ergossen sich ins Landesinnere. Noch liegen keine Informationen über Todesopfer vor. Atomkraftwerke hätten sich automatisch abgeschaltet, hieß es zunächst. Später wurden Störfälle gemeldet und Atomalarm ausgelöst. Im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi sei das Kühlsystem ausgefallen. Ein Feuer im japanischen Atomkraftwerk Onagawa in der Provinz Miyagi sei gelöscht.
Bereits am Mittwoch war der Inselstaat von einem Erdbeben der Stärke 7 erschüttert worden, das möglicherweise für das Hauptbeben gehalten wurde, aber nur Vorbeben war.

10.03.2011

Merkels Hochstapelung für einen Hochstapler

Da hat er die Wissenschaft und Gesellschaft mit einer Doktorarbeit genarrt - und Merkel, die noch gestern auf dem "politischen Aschermittwoch" krakelte, dass niemand die CDU moralisch zu belehren habe, *Tusch* plus Applaus - und einen Tag später bekommt der Mogel-Doktor die höchste Ehrung, die in militaristischer Tradition zu vergeben ist: Großer Zapfenstreich.
Merkel hätte eingestehen müssen: "Wir sind moralisch unbelehrbar." - *Tusch*

Markus Rabanus >> Diskussion

08.03.2011

Libyen: Phillip M. und die Flugverbotszone

"CDU-Außenpolitiker" Philipp Missfelder fordert eine Flugverbotszone, schafft es damit ins Handelsblatt, aber "lässt offen", in welcher Form sich die Bundeswehr beteiligen könnte. Mutig, mutig, sofern man sich das Szenario ausmalt: Zwischenlandung Lampedusa und rein ins Kampfgebiet, Gaddafis Luftwaffe runterholen, seine Flugabwehr ausschalten und kreisen, "klar sei aber", dass es im Weltsicherheitsrat nicht ohne Zustimmung der USA durchgesetzt werden könne. - Wie wahr. Übrigens haben auch China und Russland Vetorechte. Er kann nicht alles bedenken. Im August 79 geboren, wofür er noch weniger kann, mit 14 in die Junge Union, mit 16 CDU-Mitglied, mit 26 in den Bundestag und ausgesorgt, denn die Personaldecke der Parteien ist dünn.

Und die Flugverbotszone? Als Gaddafi noch unter Schockstarre stand, war es vielleicht mal Option, aber wohl eher doch nicht, denn niemand, auch die US-Regierung weiß nicht, wer, was und wie unterstützt werden kann. Und inzwischen marschieren die Bodentruppen durch vormals von Aufständischen kontrollierte Städte. - Es würde ein Krieg und keinen vermeiden. Wer Eskalation nicht will, sondern Leben schützen, muss das Gequatsche von Angriffen, Interventionen und Klageerhebung jetzt lassen und für die Konfliktparteien den Verhandlungstisch fordern.

Markus Rabanus >> Diskussion

06.03.2011

Moralische Nachhilfe für Horst Seehofer

Der vormals nur noch als CSU-Chef von Guttenbergs Gnaden gehandelte Horst Seehofer versucht jetzt, als dessen Schutzpatron zu punkten, macht Front gegen Lammert und Schavan, die öffentlich Kritik geübt hatten. "Das war nicht solidarisch. Zum Selbstverständnis der Union sollte gehören, dass man den eigenen Leuten beisteht, ihnen nicht öffentlich in den Rücken fällt", zitiert der Kölner Stadtanzeiger den bayrischen Ministerpräsidenten.

"Das war nicht solidarisch", als gelte es, die Solidarität über das Recht zu stellen. "Den eigenen Leuten beistehen", als gelte für den Beistand eigenen Leuten gegenüber ein anderer Maßstab als gegenüber dem politischen Gegner. Solche Haltung ist weit verbreitet, aber Teil der Unglaubwürdigkeit und mit den Werten unvereinbar. "Zum Selbstverständnis der Union sollte gehören", zumal es sich christlich nennt, dass der Selbstkritik Vorrang einzuräumen ist.

"Nicht öffentlich in den Rücken fallen" - ein schräges Bild und doppelt falsch, denn "in den Rücken fallen" suggeriert Unlauteres und macht im Falle Guttenberg eher andersherum Sinn, dass Guttenberg mit seinem Skandal der Union in den Rücken gefallen ist.
Und "nicht öffentlich" ist falsch, weil es genau solcher öffentlichen Kritik aus den eigenen Reihen bedurfte, zumal Guttenbergs zur Schau getragene Selbstkritik wiederum Schwindel war und scheibchenweise stets der jeweiligen Beweislage arg hinterher.

Ginge es um die Reihenfolge, dann darf interne Kritik zuerst sein, aber wochenlang deutete rein gar nichts darauf, sondern im Gegenteil das öffentliche Plädoyer für eine Nibelungentreue unter Außerachtlassung der Wertebasis. Seehofer selbst prahlte damit, Guttenberg zum Durchhalten aufgefordert zu haben. Erst Lammert und Schavan rückten die Wertebasis zurecht und gaben zum ohnehin unausweichlichen Ministerrücktritt den wahrscheinlich entscheidenden Impuls.

Seehofer wirft der Bundeskanzlerin großspurig vor, dass sie den "unangemessenen Umgang" mit Guttenberg zu verantworten habe. Und das liege ihm "in der Wiedervorlage".

In Seehofers "Wiedervorlage" für besinnliche Stunden sollte stehen: Popularität ist eine feine Sache, aber eher Verpflichtung zu mehr Moralität als eine Rechtfertigung von weniger Moralität. Die Redlichkeit muss wichtiger als die Popularität sein.

Markus Rabanus >> Diskussion

03.03.2011

Zum 80. Geburtstag Gorbatschows

Persönliche Würdigung: Als Michail Gorbatschow wie ein unbeschriebenes Blatt an die Macht kam, lösten seine öffentlichen Auftritte bei mir zunächst Misstrauen aus, denn es schien, als stünde ein weiteres Mal bloß die pauschale Aburteilung der Vorgeschichte und neue Einheitslehre an.
Mit dem "April-Plenum" (1985) jedoch sprach Gorbatschow eine Systemkritik und Forderungen aus, die tatsächlichen Wandel zum "sozialistischen Pluralismus" unausweichlich machten, der seit Gründung der Sowjetunion als Trotzkismus, Sektierertum, Fraktionismus, Revisionismus, Subjektivismus, kleinbürgerlich usw. verdammt und verfolgt worden war.

Tatsächlich aber scheiterte auch der sozialistische Pluralismus und die Vision eines "Sozialismus mit menschlichem Antlitz" an innenpolitischen Konzeptlosigkeiten und Widerständen einerseits, wohl aber auch an ideologischen Ungereimtheiten und den systemischen Schwächen des staatsmonopolistischen Sozialismus im Wettbewerb mit kapitalistisch wirtschaftenden Gesellschaften, so dass auch Gorbatschow mehr und mehr zu sozialdemokratischen Auffassungen gelangte.

So sehr ihm russische Nationalisten verübeln, ihnen das Riesenreich der vormaligen Sowjetunion nicht vor dem Zerfall bewahrt zu haben, so ist auch das ein Verdienst seiner Politik zugunsten der Selbstbestimmung der Völker, beispielsweise der deutschen Wiedervereinigung.

Seine größte Leistung allerdings ist die Beendigung des in der brandgefährlichen Unkalkulierbarkeit stets heruntergespielten Ost-Westkonflikts, wofür Gorbatschow zurecht und hochverdient 1990 den Friedensnobelpreis bekam.

Sofern ein solches Ranking überhaupt Sinn machen kann, wäre Gorbatschow der beste und wichtigste Politiker des 20. Jahrhunderts.

Markus Rabanus >> Diskussion

01.03.2011

Zum Rücktritt des Boulevardkanzlers Guttenberg

Guttenbergs Rücktrittsrede verquerte ein weiteres Mal Verklärungen und Fehleinschätzungen mit ohnehin sowohl verspäteten als auch unzureichenden Eingeständnissen. Mehr zu erwarten, würde dem Staatsanwalt die Arbeit zu leicht machen und muss nicht sein.

Wichtig ist das Zwischenergebnis, dass sich mit dem Rücktritt des Ministers die akademische Selbstachtung gegen den Boulevardgeist in Politik durchgesetzt hat, der sich in Guttenberg, aber eben auch in Merkel, Seehofer und dem allgemeinen Machtpoker der Parteien verkörpert. Und dass sich die akademische Selbstachtung auch gegen den Boulevardgeist der BILD-Zeitung durchsetzte, von dem sich qualitativerer Journalismus nur zögerlich abwendete und über zu lange Zeit der Versuchung erlegen war, der gesamten Gesellschaft eine "Lichtgestalt", einen "konservativen Obama" zu etablieren.
Dieses Projekt ist gescheitert. Und gründlicher, als es Gabriel, Roth & Co. verdient haben, aber nicht annähernd so desaströs, wie es FAZ, SPIEGEL, FOCUS und andere verdient hätten, mögen sie jetzt auch noch so tun, als sei Guttenberg nur ein Mann der BILD-Zeitung gewesen.

Die akademische Selbstachtung hat sich durchgesetzt, der nächste Schritt wird sein, dass sich das Recht Gehör verschafft, ein Diskurs anderen Formats, in dem Wissenschaft und Demokratie weniger Schaden nehmen kann, allenfalls die Gerechtigkeit, aber auch sie wird mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Zuge kommen. Eine Geldstrafe - und mehr braucht es dann neben dem selbstverschuldeten Ehrverlust auch tatsächlich nicht.

Dennoch bleibt Schaden allgemeinerer Art, denn die Affäre gewährte öffentlich Einblicke in uralte Fehlfunktionen des institutionalisierten Wissenschaftsbetriebs, die es zu beheben gilt, wenigstens in Ansätzen, denn der Tatsache von Seilschaften in allen Disziplinen werden sich die Taue nicht vollständig kappen lassen, wie schon auch nicht die Wirkungen (partei-)politischen Kuhhandels (Proporz) in den Gesellschaftswissenschaften, also der Note, Graduierung und der Berufungspraxis. Zumal für vieles auch Berechtigung ist, aber mehr Transparenz sollte den Missbrauch eindämmen.
Beispielsweise durch erweiterte Veröffentlichungspflichten, wie es heute mit dem Internet mühelos - und zwar preisgünstig = demokratisch - möglich wäre, denn wer der Öffentlichkeit mit akademischen Titeln aufwartet, soll das auch öffentlicher substantiieren müssen. Und der Guttenberg-Fall zeigt jedem, dass neben dem Doktorvater auch diejenigen Namen genannt werden müssten, die einer Arbeit und mit welcher Note den Segen gaben.

Schon mit diesen beiden Kleinigkeiten ließe sich erheblich mehr Verantwortlichkeit zugunsten der akademischen und gesellschaftspolitischen Sachlichkeit zeitigen.

Markus Rabanus >> Diskussion

ps: Weil genannt gehört, wem Ehre gebührt, ist die demokratische Internet-Öffentlichkeit zu nennen, insbesondere http://de.guttenplag.wikia.com , denn ohne dieses Engagement wäre der Elfenbeinturm Wissenschaft möglicherweise nicht zum Leuchtturm geworden.

Verschwiegenes Atomwaffen-Unglück 1966

Am 17. Januar 1966 stürzte nach einer missglückten Luftbetankung ein amerikanischer B-52-Bomber und ein Tankflugzeug über dem Dorf Palomares in der andalusischen Provinz Almería mit vier Wasserstoffbomben an Bord ab, von denen zwei das Gebiet mit Plutonium kontaminierten, eine weitere intakt aufgefunden und eine vierte erst nach Monaten aus dem Mittelmeer geborgen werden konnte. Das Franco-Regime verschleierte den Vorfall aus Sorge vor Protesten und um den Tourismus, die US-Regierung verschleierte aus Gründen der Peinlichkeit, verschiffte 17.000 Tonnen vergiftetes Erdreich in die USA und beteiligte sich bis 2009 an Kosten gesundheitlicher Untersuchungen. Im Frühjahr 2011 wurde über den Abtransport weiterer 50.000 Tonnen Erdreich verhandelt. (Quelle: Neue Zürcher Zeitung 1.3.2011)

27.02.2011

Guttenberg wird abdanken


Der Stellungnahme von Lepsius werden weitere folgen, denn mehr Professoren werden sich jetzt mit dem Fall beschäftigen und können unmöglich damit klar kommen, was die Uni Bayreuth zwecks Schadensbegrenzung mit der Aberkennung im Eilverfahren abzuhaken versuchte. Der umgangene Betrugsnachweis ist jetzt zumindest akademisch nachgeholt. Wahrscheinlich aber doch auch strafrechtlich, siehe >> Fall August 2009

Die Bestnote wäre ein weiteres Nachhol-Thema, aber das wird weniger interessieren, denn jeder Professor wird auch weiterhin die Maßgeblichkeit der eigenen Eindrucks hinsichtlich der Leistungen eigener Doktoranden genießen wollen, also keine objektivere Verfahren wünschen, wie es durch Autoren-Anonymisierung und/oder externe Benotung möglich wäre. 

Die Drittmittelforschung wäre ein drittes Nachhol-Thema. In einem Artikel der ZEIT heißt es, dass ein Lehrstuhl der juristischen Fakultät durch eine Krankenhausgesellschaft mitfinanziert wurde, in deren Aufsichtsrat der Doktorand Guttenberg gesessen hat. Zahlreiche Meldungen zitieren zwar Dementi, aber die bestätigen eher, wie gut Guttenberg schon als Student "aufgestellt" war, um es mal in den Floskeln der Möchtegern- und Realstrategen zu formulieren. Beachtlich, dass er als 25-Jähriger im Aufsichtsrat der Rhön AG Platz nehmen kann, anstatt sich im Hörsaal und bei Repetitoren auf das juristische Staatsexamen vorbereiten zu müssen. Und überall Förderer. So auch Altmeister Prof. Streinz, der als Zweitgutachter die Bestnote unterstützte und lt. Wikipedia Vertrauensdozent der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung ist - und in der Studentenverbindung Aenania: "So haben wir auch Ansprechpartner vieler Fachrichtungen in der Verbindung, die gerne weiterhelfen."

Noch legen sich Merkel und Co. mächtig für Guttenberg ins Zeug. Zuletzt noch Kauder: "Das Thema ist erledigt" - glaubt er.
Anhaltend gute Umfrageergebnisse können aber diesen Kurs nicht rechtfertigen, zumal es nicht die letzten gewesen sein werden. 
Es ist durchaus möglich, dass Guttenberg an diesem Wochenende "erstmals" über Rücktritt nachgedacht hat - nur noch nicht weiß, mit welchen Sprüchen. Aber dass er diese Woche abtritt, ist hochwahrscheinlich. Und wer wird Guttenberg-Nachfolger?

Markus Rabanus >> 
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