26.07.2009

Bellizistischer Sechsteiler über "Rom" bei Phoenix

Medienkritik

Die in Zusammenarbeit mit der BBC entstandene Reihe "Rom" erzählt in jeder Folge die Geschichte einer legendären Persönlichkeit des Römischen Reiches, die durch ihre Taten den Aufstieg und Fall des mächtigen Imperiums entscheidend beeinflusst hat - Geschichte in Spielfilmqualität. ...

Soweit der Vorspruch im Phoenix-Programmführer, aber es sollte zutreffender "Politische Märchen in Spielfilmqualität" heißen, denn Julius Cäsar dürfte so wenig das Schwert geschwungen haben wie Hitler "an der Front" zu Tode kam.

Seit einer Woche schickt Phoenix den Trailer für den Sechsteiler in die Wohnzimmer: "Ein genialer Feldherr", Cäsar wirft einen selbstgefälligen Blick in den Spiegel, bevor er sich ins Getümmel wirft, Blutspritzer zieren sein Face - sein Auftritt habe die Schlacht entschieden, ... - Hat er das?

"Wer war dieser Mann wirklich, der nahezu blind auf die Glücksgöttin Fortuna vertraute?"
Immerhin weiß Phoenix schon, worauf Cäsar vertraute. Tat er das?

"Der Film zeigt in großartigen Bildern, wie es Cäsar gelingen konnte, Pompejus mit seinen zahlenmäßig weit überlegenen Legionären durch einen Geniestreich zu bezwingen."
Trickreich, lehrreich, Kriegskunst?

"Renommierte Historiker geben Aufschluss über die neuesten Forschungsergebnisse und erklären die Hintergründe der dramatischen Ereignisse, ..."
Offenbar ein bisschen romantisch und zu fasziniert von Macht und "Eroberungen".

"Phoenix, der Informations- und Dokumentationskanal" soll sich schämen.

Markus Rabanus >> Diskussion

22.07.2009

Konzeptionslosigkeit: Die Bundeswehr in Afghanistan

Angesichts der aktuellen Eskalation in Afghanistan wird es für Verteidigungsminister Jung vermutlich zunehmend schwieriger werden, die Begriffe "Kampfeinsatz" und "Krieg" im Zusammenhang mit dem Einsatz der Bundeswehr auch weiterhin als unzutreffend zu deklarieren. Die Gefechte mit Taliban-Einheiten haben offenbar längst auch den Norden Afghanistans erreicht, und Bundeswehr-Einheiten sind zunehmend darin verstrickt - teilweise auch unter Einsatz von schweren Waffen.

Im Zuge dieser Aktivitäten wurden jüngst auch wieder Zivilisten von Bundeswehrangehörigen verletzt und getötet. Schauplatz war einer jener "Checkpoints", mit denen die alliierten Truppen offenbar versuchen, Territorien zu kontrollieren und die Bewegung von gegnerischen Verbänden einzuschränken. Bei allem Verständnis für die Notwendigkeit zur Eigensicherung der Bundeswehr werden hier dennoch die zentralen Aporien der Afghanistan-Mission deutlich. Denn einerseits tritt man mit dem Anspruch auf, nicht nur geduldete, sondern erwünschte Sicherheits- und Aufbauarbeit zu leisten. Andererseits ist die eigene Präsenz offensichtlich auch Teil des Problems, dessen Lösung zu sein sie vorgibt. Denn was bewirkt eine Präsenz, die sich zum allergrößten Teil nur noch mit der Absicherung des eigenen Einsatzes beschäftigen muss, sich zunehmend einigelt und von der Bevölkerung abnabelt? Durch die getöteten Unbeteiligten wird dieser Prozess nur noch beschleunigt. Ein Major der Reserve berichtete mir kürzlich wörtlich, "die Truppe bettelt um Leopard-Kampfpanzer". Man kann sich leicht vorstellen, dass es in einer solchen Situation längst nicht mehr um Kinderkrankenhäuser und Brunnenschächte gehen wird. Das Lamentieren darum, dass ja schließlich die Terroristen für diese Eskalation verantwortlich sind, täuscht zugleich nur schwer über die allgemeine politische Konzeptionslosigkeit bezüglich Afghanistan hinweg.

Und diese Konzeptionslosigkeit besteht nicht nur hinsichtlich des Bundeswehr-Einsatzes, sondern betrifft die Afghanisten-Politik des Westens ganz allgemein. Auch den Vereinigten Staaten unter Obama, der für viele Felder der Außenpolitik einen Paradigmen-Wechsel angekündigt hat, scheint zu Afghanisten nicht viel einzufallen. Seit März läuft nun die "neue Strategie" der Vereinigten Staaten und Großbritanniens, die da heißt: Truppenverstärkung und massives militärisches Vorgehen gegen die wiedererstarkten Taliban-Verbände - mit scheinbar eher durchwachsenem Erfolg. So gehen die Wellen hin und her wie seit Jahrzehnten.

Ein zentrales Ziel des militärischen Kräftemessens lautet dabei, das Stattfinden der afghanischen Präsidentenwahlen am 20.08. in allen Provinzen garantieren zu können. Momentan reicht die Macht des afghanischen Präsidenten aber kaum über die Grenzen von Kabul hinaus. Vielleicht hofft man darauf, dass eine erfolgreiche Wahl einem neuen Präsidenten mehr Rückhalt verschaffen könnte. Aber diese Maßstäbe sind westliche, und es scheint mehr als fraglich, wie viel davon man auf ein Land wie Afghanistan applizieren kann.

martin >> Diskussion

16.07.2009

Biblis: "Gratulation" zum 35-jährigen Jubiläum


RWE feiert den Methusalem unter Deutschlands Atomkraftwerken. In Block A des hessischen KKW-Biblis wurde am 16. Juli 1974 die erste Kernreaktion eingeleitet. Seither wurden 818 Störfälle bekannt. Wandstärke Reaktorgebäude: "60 cm", also nicht sonderlich geeignet, um den etwaig terroristischen Aufprall eines Airbus 300 mit bis zu 170 Tonnen Gewicht (ohne Berechnung der http://de.wikipedia.org/wiki/Kinetische_Energie) abzufedern. Mit gänzlich anderer Kettenreaktion, jedenfalls im Vergleich zu einem Treffer gegen ein Kohlekraftwerk.

Wikipedia: "Im sogenannten Atomkonsens haben Bundesregierung und Energieversorgungsunternehmen unter anderem festgelegt, dass alle deutschen Kernkraftwerke noch eine begrenzte Reststrommenge erzeugen dürfen, die einer Regellaufzeit von durchschnittlich 32 Jahren entspricht. Daraus errechnet sich für Biblis A die endgültige Abschaltung für Ende 2009, die Abschaltung von Biblis B für 2010. Wegen der flexiblen Regelung über Reststrommengen lässt sich der Abschalttermin nicht genau vorhersagen, weil jeder Stillstand (siehe auch Vorkommnisse vom 16. Okt. 2006) den Termin verschiebt."

So steht RWE im Verdacht, die Atommeiler seit Monaten nicht hochzufahren, um Zeit für eine etwaig schwarz-gelbe Regierungskoalition zu gewinnen, von der man sich eine Laufzeitverlängerung verspricht.

Rot-Grün hätte den Stromkonzernen eine "Verschrottungsprämie" anbieten müssen, denn es gehört zur Ideologie der Wirtschaft, dass eher passiert, was auf Geld hoffen lässt als das, was vernünftiger wäre.
Darum darf der Staat nicht auf das Steuer verzichten, muss verordnen, verbieten und wo es sinnvoll ist, eben auch ordnungspolitisch besteuern.

Markus Rabanus >> Diskussion

Über eine Milliarde Menschen hungern und sind unterernährt

wikinews: 13.07.2009 – In diesem Jahr übersteigt die Anzahl der Menschen, die hungern oder unterernährt sind, erstmals die Milliardengrenze. Dieser Anstieg ist eine Folge der Wirtschaftskrise und nicht etwa von schlechten Ernten. Viele Menschen verloren ihre Arbeit oder waren zumindest von Einkommenseinbußen betroffen.
„Diese lautlose Hungerkrise gefährdet erheblich den Weltfrieden und die Sicherheit“, warnte Jacques Diouf, Generaldirektor der UNO-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO): „Wir brauchen dringend einen breiten Konsens darüber, dass der Hunger in der Welt völlig und rasch ausgerottet werden soll.“ Diouf nennt die Folgen der Weltwirtschaftskrise in Kombination mit hohen Lebensmittelpreisen in vielen Ländern eine „gefährliche Mixtur“. Er fordert, dass ärmeren Ländern die wirtschaftlichen und politischen Mittel in die Hand gegeben werden, um die Agrarproduktion und Produktivität in Gang zu setzen.
Nach Angaben der FAO vom 13. Juni dieses Jahres ist rund ein Sechstel der Menschheit von Hunger und Unterernährung betroffen. Insgesamt sind das 100 Millionen Menschen mehr als im Jahr 2008.

KOMMENTAR: Und das angesichts eines weltweiten Militäretats von geschätzt 1.464 Milliarden Dollar. - Soviel es an humanitärer Rationalität fehlt, desto irrationalere Folgen drohen und desto schwerer wird das Flüchtlingselend einschließlich daraus resultierender Konflikte einzudämmen sein.

Indonesien: Kind im Behandlungszelt meines Vaters. InidiaFoto

  • Diskussion
  • Emnid-Umfrage: 72% für sofortige Abschaltung alter Meiler

    Eine Emnid-Umfrage ergab, dass 72 Prozent der Bundesbürger für die sofortige Abschaltung alter Meiler sind.

    So ist zu hoffen, dass der schwarz-gelb angekündigte Bruch mit dem vertraglichen Ausstiegskompromiss am Opportunismus der Politiker scheitert.

    Schwarz-Gelb

  • Diskussion
  • 15.07.2009

    Die schlafenden "Hüter" des nuklearen Infernos

    Die US-Luftwaffe feuerte drei Offiziere, die ballistische Atomraketen mitsamt Startcodes zu bewachen, aber geschlafen hatten.
    Die Verfechter der "massiven Vergeltung" sollten sich fragen lassen, warum sie überhaupt scharfe Atomwaffen in Zeiten vorhalten, in denen allenfalls versehentlich Atomwaffen zum Einsatz kommen können. Die Einmottung wäre ein bedeutsamer Schritt in die richtige Richtung.

    msr >> Diskussion

    13.07.2009

    China: Todesstrafe gegen Aufrührer

    Wikinews.de berichtet: Nach den Worten des Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Chinas in Ürümqi werde die Regierung alle hinrichten lassen, die während der Unruhen am 5. Juli sich der Tötung schuldig gemacht hätten. ...

    KOMMENTAR

    Die Bilder von den Ausschreitungen waren abscheulich und begründen strenges Vorgehen gegen die Mörder, aber deren vernünftige Verteidigung muss gewährleistet sein und Todesstrafe unterbleiben, denn ein Staat, der ohne Notwehr Menschen tötet, tut es seinen Verurteilten gleich, wird zum Mörder.

    Merkel und Steinmeier sollen Prozessbeobachtung erbitten und die Abschaffung der Todesstrafe weltweit. Gegen den etwaigen Einwand der Einmischung in die "inneren Angelegenheiten" soll darauf hingewiesen werden, dass in Deutschland internationale Prozessbeobachtung Normalität ist und aus Gründen der Universalität der Menschenrechte von jedem Staat gewährleistet werden sollte.

    Markus Rabanus >> Diskussion

    Menschenrechtsverstöße im Sudan

    SPIEGEL-Online berichtet, dass im Sudan zehn Frauen wegen Verstoßes gegen die Kleiderordnung zu je zehn Peitschenhieben zuzüglich Geldstrafen verurteilt wurden. Die sogenannten "Sittenwächter" hatten für unvereinbar mit der Scharia befunden, dass Frauen Hosen tragen.

    Es ist ungewiss, ob diese Fanatiker zu beeindrucken wären, wenn ihnen jemand sagen würde: "Mohamed hätte nicht zur Peitsche gegriffen und die Frauen ausgepeitscht, sondern sie verteidigt und Religionsfreiheit verlangt."

    Markus Rabanus >> Diskussion

    07.07.2009

    Moskauer Gipfel: "Resetting U.S.-Russia Relations"

    Dass die Themenpalette eines Russland-USA-Gipfels groß ist, ist kein Novum, seit Gorbatschow aber endlich auch wieder die Menge an substantiellen und ebenso vernünftigen Vereinbarungen, die darauf schließen lassen, dass dieser Gipfel bestens vorbereitet war und in den richtigen Richtungen Spielräume für Fortschritte in den Gesprächen eröffnete.

    Gleichwohl offenbart sich die Grenze aller bilateralen Vernunft genau in ihrer Bilateralität, denn zu wenig wird auf die Vereinten Nationen gesetzt, zu sehr noch an einer Sicherheitsarchitektur gewerkelt, die auf Übereinkünften nationaler Weltmächte basiert, was durchaus sein dürfte und alternativlos realistisch erscheint, aber in der Verpflichtung eines Bewusstseins und Handelns, bloß Provisorium, Hebel- und Hilfskonstruktion für eine zivilisierte Weltgemeinschaft zu sein.

    Eine Weltgemeinschaft ist erst dann zivilisiert, wenn sie die in ihr fortlebenden oder auftretenden Konkurrenzen und Konflikte nicht mehr der militärischen Selbstjustiz ihrer Mitglieder überlässt, sondern die entscheidenden Militärkräfte auf Seiten der Vereinten Nationen monopolisiert hat.

    Ist solch Wille von Russland und den USA zu erwarten? Im Moment noch nicht, denn auch Obama hat nur insoweit freie Hand, wie der gleichermaßen naive und verbrecherische Bushismus in den USA nachwirkt.
    Und Moskau? Auch dort möchte man nicht gleich unter Gleichen sein, wie es die UN-Charta fordert, sondern beansprucht eine Führungsrolle, leitet die nationalen Interessen aus den Zeiten des zaristischen und sowjetischen Imperialismus ab.
    Folglich durchlaufen die russisch-amerikanischen Beziehungen Höhen und Tiefen einer anhaltenden Supermachtkonkurrenz, der Definition ausufernder Interessensphären mit Überschneidungen, mal negativer, mal positiver, mal gegensätzlicher Art.

    Die Unilateralisierung der Weltsicherheitsstruktur bleibt indes das Interesse Chinas und zahlreicher Zweitligisten, die sich auf den Trittbrettern benachteiligt sehen, was auch bei den Getreuesten nicht ausbleiben kann und die subsidiäre Globalisierung voran bringt.

    Ein weiter Weg, aber Wege sind nur so weit, wie man sie kennt und wie schnell man sie geht.

    Markus Rabanus >> Diskussion

    06.07.2009

    Staatskrisen und Verschwörungstheorien

    In Teheran rebellieren die Menschen gegen das Wahlergebnis. Irans Machthaber machen dafür die BBC und CIA verantwortlich. Die Idee, dass die Leute auch ohne das böse Ausland andere Vorstellungen vom Inland haben könnten, darf schon von vornherein nicht sein, wäre womöglich Blasphemie, denn man versteht sich als "Gottesstaat".

    Im Nordwesten Chinas kommt es zu Zusammenstößen zwischen muslimischen Uiguren und der Polizei. 140 Menschen kommen um. Und Peking verlautbart, dass hinter den Unruhen das Ausland stecke, die El Kaida usw. Dass die chinesische Nationalitätenpolitik wenig rühmlich ist, darf schon von vornherein nicht sein, denn man versteht sich als kommunistisches Idealsystem, in dem alle gleiche Rechte hätten, wenn sie nur weitgehend genug auf ihre Unterschiedlichkeiten verzichten.

    Dass es böse Einmischungen vom Ausland geben kann, ist zwar selten gänzlich von der Hand zu weisen, zumal wenn sich ein Staat dem Ausland nicht beliebt machen möchte - und wäre schon deshalb wiederum ein hausgemachtes Problem.

    Die Machthaber versündigen sich, gewalttätige Demonstranten ebenfalls. Man kann den Gesellschaften nur wünschen, dass sie ihre Probleme zivilisierter regeln. Und vielleicht sorgen bedachtere Reaktionen des vermeintlich bösen Auslands für Beruhigung, dass im Großen und Ganzen von keinem Staat der Welt Wunder erwartet werden, sondern spürbares Bestreben, denn Instabilität mehrt nur das Chaos in einer Welt, die mehr und bessere Ordnung braucht.

    msr >> Diskussion

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