Nachdem die Rechtsextremisten am 1. Mai mehr oder weniger unverrichteter Dinge wieder abgefahren sind, wozu der friedliche Protest weiter Bevölkerungsteile maßgeblich beigetragen hat, wird nun vor allem über das Verhalten oder Fehlverhalten von Wolfgang Thierse diskutiert. Thierse hatte neben anderen Lokalpolitikern selbst an einer Sitzblockade teilgenommen und erst die Strecke verlassen hat, als ihm Polizeibeamte dabei ihre physische Unterstützung angetragen haben.
Die Gewerkschaft der Polizei fordert nun lautstark seinen Rücktritt und hält ihm "Würdelosigkeit" und Rechtsbruch vor. Die Unterscheidungen, die sich daran anschließen, sind nicht gerade neu: Wo genau verläuft nun die Grenze zwischen Verfassungstreue und zivilem Ungehorsam, sind Legalität und Legitimität immer kongruent, berechtigt ein übergeordnetes moralisches Interesse zum Begehen von Ordnungswidrigkeiten, ist eine Sitzblockade eine Nötigung etc. Diese und verwandte Szenarien werden diskutiert, seit es überhaupt Sitzblockaden und andere Formen vermeintlich passiven Protestierens gibt, und man wird nicht erwarten können, dass ausgerechnet die GdP den diskursiven gordischen Knoten durchschlägt.
Die Polizei hatte ohne Zweifel ein schwieriges Wochenende, allein schon aufgrund der Vielzahl der Schauplätze und unterschiedlichen Veranstaltungen in der Stadt. Und es ist auch nachvollziehbar, wenn es die Verantwortlichen bei den Ordnungshütern ärgert, dass Politiker mit Immunität einen Polizeieinsatz stören. Andererseits könnte ein Blick über den Rand der eigenen Einsatzstrategie nicht schaden. Denn gerade in Sachen Extremismus kann eine ordnungsgemäß durchgeführte und ohne Störungen abgelaufene Demonstration natürlich keine gesellschaftliche Auseinandersetzung ersetzen, die ja sonst allenthalben gefordert wird. Der Raum politischer Meinungsäußerung in der Öffentlichkeit endet ja nicht dort, wo ein Gericht Grundrechte gewichtet oder gar einen Verbotsantrag ablehnt.
Martin >> Diskussion
03.05.2010
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